Mit viel Herzblut wie anno dazumal

    In der Schweiz gibt es rund 330 Sattlereien – seit dem Oktober 2022 gehört auch der Handwerksbetrieb von Sara Noemi Kohler mitten in der Burgdorfer Altstadt dazu. Die junge Sattlerin verbindet so ihre Lebensphilosophie der Wertigkeit, Langlebigkeit und Nachhaltigkeit mit der Tradition des raren Handwerkes in der heutigen Zeit.

    (Bilder: CR) Nachhaltig, traditionell und fast für die Ewigkeit: Sara Noemi Kohler arbeitet mit kostbarem Material.

    Spaziert man durch die Hohengasse in die Burgdorfer Altstadt Richtung Schloss, entdeckt man auf der linken Seite ein wahres Bijou: In goldenen Buchstaben prangt am Schaufenster des exquisiten Geschäftes die Aufschrift «Sattlerei Sara Noemi Kohler». Tritt man ein, befindet man sich im Reich von Sara Noemi Kohler. Ihr Geschäft ist stilvoll eingerichtet – vorne im Atelierstil mit alten, selbst restaurierten Möbeln, edlen Tapeten, Ton in Ton gehalten. Im hinteren Teil befindet sich der klassische Handwerksbetrieb mit Ahlen, Hämmer, Halbmonde und Klemmen an der Wand – alles Werkzeug, das schon vor 100 Jahren zum Einsatz kam. Nähmaschinen aus den 70er- und 80er-Jahren, edles Leder und bunte Garne gehören weiter zur Berufsausrüstung der jungen Emmentalerin. «Die alten Maschinen habe ich in der ganzen Schweiz bei pensionierten Sattlern zusammengesucht. Sie sind äusserst solide und werden heute nicht mehr in dieser Qualität gebaut», so die junge Sattlerin.

    Lederprodukte für Individualisten.

    Im Oktober 2022 hat sie sich selbstständig gemacht und ihre eigene Sattlerei im pittoresken Burgdorf eröffnet. Damit hat sie sich einen Traum erfüllt. In der fünften Klasse war für Kohler bereits klar, dass Sattlerin ihr Traumberuf ist. «Ich hielt in der Primarschule einen Vortrag über unseren Sattler in Wynigen.» Später machte sie dort eine Schnupperlehre: «Ich kann kreativ sein und mit den Händen arbeiten – das fasziniert mich. Die Kreativität ist grenzenlos, das ist selten bei einem Beruf.» Ihre Ausbildung als Pferdesportsattlerin absolvierte sie beim einzigen Sattelbauer im Emmental, in der Nähe ihrer Heimatgemeinde. Dabei lernte ich von Grund auf die hohe Kunst des Sattelbaus – das Anfertigen von Masssätteln. Da sie seit ihrer Kindheit reitet, kann die junge Frau ihre eigenen Erfahrungen mit dem Berufswissen kombinieren und die Bedürfnisse von Pferd und Reiter besser verstehen. Mit dem Erwerb des Fahr- und Reitbrevet bildete sie sich parallel in der Freizeit weiter. «Es war perfekt – mein Traumberuf verbindet alles, was ich liebe: das Handwerk, das Traditionelle und die Pferde.» Um ihr Wissen auszuweiten und noch tiefer in das Lederhandwerk einzutauchen, absolvierte die junge Frau eine weitere zweijährige Ausbildung im Bereich Feinlederwaren bei Fiona Losinger in Bern. «Jetzt habe ich eine breite Ausbildung mit viel Know-how und kann die Vielseitigkeit dieses alten Handwerks mit den vielen Techniken praktizieren», freut sich die 23-Jährige.

    Sara Noemi Kohler fabriziert in ihrer Sattlerei verschiedene Lederwaren, Portemonnaies, Ledertaschen, Gürtel, Zaumzeug für Pferde, Hundehalsbänder etc. Ihre althergebrachte Produktionsweise erlaubt es ihr, nebst einem breiten Sortiment an Standartprodukten auch auf die individuellen Wünsche ihrer Kundinnen und Kunden einzugehen. «Das Wissen über das Handwerk ist über Generationen weitergegeben worden, es ist mit meinem Land und der Scholle tief verbunden», so die junge Emmentalerin. «Das gefällt mir. Mit meiner Sattlerei kann ich diese Traditionen weiterführen.»

    Hat eine lange Geschichte: Altes Sattlerwerkzeug.

    Nachhaltiges Handwerk
    Nebst ihrer grossen Begleitung für das Handwerkliche, Präzision und Design, ist die Wynigerin von Schweizer Traditionen fasziniert. Eine grosse Herzensangelegenheit ist für sie die Nachhaltigkeit, die sie sowohl im Geschäft als auch privat lebt. So arbeitet sie möglichst ressourcenschonend, verwertet jedes Stückchen Leder, wenn immer möglich und verwendet nur pflanzlich und nicht chemisch gegerbtes Leder. Das Leder bezieht sie aus der Schweiz oder dem nahen Ausland: «Mein Leder stammt zu 100 Prozent aus Schlachtabfällen. Ich pflege zudem einen engen Kontakt zu den Gerbereien und bestehe auf volle Transparenz. Ich will wissen, wie die Tiere gehalten wurden», sagt die Hobbyimkerin, die von ihrem Grossvater ein Bienenhaus mit mehreren Völkern übernommen hat. «Meine Produkte sind absolut nachhaltig.»

    Dies sehen auch ihre Kunden so, die das Individuelle schätzen und Freude an der Wertigkeit haben und deshalb gerne den Preis für wertvolle Materialien und viel Handarbeit bezahlen. «Ich bekomme viele Anfragen für Reparaturen.» Dabei kommt ihr wohl auch der momentane Trend zum nachhaltigen Konsum zugute, der sich mit ihrer Lebensphilosophie deckt. So ist es für die junge Berufsfrau auch nicht in Frage gekommen, eine bestehende Sattlerei zu übernehmen. «Jeder Sattler trägt seine eigene Handschrift. Deshalb wollte ich mein eigenes Geschäft aufziehen und frisch anfangen.» Bis jetzt ist Sara Noemi Kohler, die noch in Teilzeit bei Fiona Losinger arbeitet, zufrieden: «Momentan läuft es so gut, dass ich zu wenig Zeit habe, um neue Modelle herzustellen.»

    Corinne Remund

    www.sattlereikohler.ch

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