Editorial von Dr. Philipp Gut

    Liebe Leserin, lieber Leser

    (Bild: zVg)

    Die Tage werden kürzer, die Nächte länger. Es kommt die Zeit, in der wir es uns mit speziellen Lichtern und Beleuchtungen gemütlich machen und der Dunkelheit da draussen trotzen. Ein Flackern der menschlichen Zivilisation in der Gleichgültigkeit des unendlichen Alls.

    Doch dieses Jahr ist alles anders. Die Poesie der erhellten Winternächte hat Risse. Die Energiekrise und der drohende Strommangel sind das alles dominierende Thema. Die Behörden rufen mit millionenteuren Kampagnen zum Sparen und zum Verzichten auf. Die Geschäfte sind angehalten, ihre Beleuchtungen abzustellen. Wir müssen sogar damit rechnen, dass der Strom ausfällt und dass wir in unseren Wohnungen frieren müssen. Ganz zu schweigen von den verheerenden Folgen eines Blackouts für unsere vernetzte, digitale Gesellschaft und Wirtschaft.

    Neben den kurzfristigen Auswirkungen des Ukraine-Kriegs wird immer mehr Menschen in diesem Land bewusst, dass die Schweizer Energiestrategie mehr auf Wunschdenken als auf den ökonomischen und physikalischen Realitäten beruht. Trotzdem hat das Parlament in Bern in der Herbstsession ein neues Klimagesetz verabschiedet, das erneut die Versorgungssicherheit hintenanstellt und zu einem enormen Strommehrbedarf führen wird. Ausgerechnet jetzt. Ob das klug ist und ob diese Rechnung aufgeht, wird sich weisen. Immerhin bekommt die Bevölkerung die Möglichkeit, mitzureden. Die Schweizerische Volkspartei (SVP) hat das Referendum gegen das neue Gesetz ergriffen. Für politische Spannung ist gesorgt.

    Je besser die Bürgerinnen und Bürger informiert sind, je mehr die Argumente von Pro und Kontra hin und her fliegen, desto besser ist am Ende die Qualität der demokratischen Entscheide. Die «Umwelt Zeitung» liefert Ihnen dazu Fakten und Hintergründe. Mein Verleger-Kollege Henrique Schneider erklärt in dieser Ausgabe, wie der europäische Strommarkt funktioniert. Strom, der bei Bedarf jederzeit aus der Steckdose fliesst, und ein Gasanschluss direkt im Haus: Das ist für die meisten Menschen selbstverständlich. Dass ein Teil des Stroms an einer europäischen Börse gehandelt wird, ist schon weniger bekannt. Blackbox Strommarkt? Das muss nicht sein. Wir bringen Licht ins Dunkel.

    In den aktuellen Diskussionen stellt sich auch die alte Streitfrage, ob und wie stark der Staat in die Wirtschaft und in das Leben der Bürger eingreifen soll. Ist er eine Nanny, die uns mehr oder weniger sanft an der Hand nimmt und in eine bestimmte Richtung lenkt? Oder sollte er sich möglichst klein machen und Entfaltungsfreiräume öffnen? Politiker neigen dazu, das Staatshandeln überzubewerten. Dass es auch anders geht, zeigt das Beispiel des Baumaschinenunternehmens Wacker Neuson: Es setzt bei der Bekämpfung der Erderwärmung nicht auf staatliche Vorschriften, sondern auf Eigenverantwortung. Erstmals für die Baubranche hat Wacker Neuson den CO2-Ausstoss sämtlicher Maschinen und Geräte von myclimate berechnen lassen, und zwar nicht nur im Betrieb, sondern über den gesamten Lebenszyklus der Produkte. Nun bietet Wacker Neuson für die Miet- und Kaufflotte ein vollständiges CO2-Kompensationsprogramm an. Die Hintergründe dazu finden Sie in unserem Bericht.

    Innovative Unternehmen, die etwas für die Umwelt tun, finden bei uns immer eine Plattform. Zu diesen Unternehmen zählt auch die Bütler Elektro Telecom AG aus dem Freiamt, die mit dem Aargauer Unternehmerpreis ausgezeichnet worden ist. Unsere Redaktorin Corinne Remund stellt Ihnen den Preisträger in der Kategorie bis 100 Mitarbeiter vor. In einem weiteren Artikel zeigt sie, was der Verband suissetec alles unternimmt und plant, um das Potenzial bezüglich erneuerbarer Energie und Energieeffizienz weiter auszubauen.

    Hochinteressant ist die Tätigkeit des Umweltnaturwissenschaftlers Adrian Nufer. Er arbeitet mit einem neuartigen Verfahren, das auf Informationsvermittlung basiert und in seiner Funktionsweise theoretisch noch nicht restlos verstanden wird. Doch eines ist sicher: Es funktioniert in der Praxis und kommt etwa in der Masoala-Halle des Zoos Zürich zur Anwendung. Oder bei der Sanierung von überdüngten stehenden Gewässern. Ein Beispiel dafür ist der Bellacher Weiher im Kanton Solothurn. In das dortige Pilotprojekt sind alle 18 Bauern im Einzugsgebiet des Weihers eingebunden. Ihrer anfänglichen Skepsis ist Begeisterung gewichen.

    Und schliesslich: Haben Sie schon von Blauer Ökonomie gehört? Unser Gastautor Cédric Schmid, Präsident der FDP des Kantons Zug, klärt auf.

    Ich wünsche Ihnen eine erhellende Lektüre!

    Ihr Dr. Philipp Gut,
    Verleger

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